Begeht jemand sein 30. Dienstjubiläum (nach Vollstudium), sieht dabei fast um ein Fünftel Jahrhundert jünger aus, ist voller Kreativität, Können, Ideen und Empathie, ist in der Lage, diese(s) freundlich, aber bestimmt umzusetzen, mit intellektueller Posaunenschärfe und einer gewissen Gravitas, dann ist da auch Gnade im Spiel. Früher wurden solche Menschen als „Lieblinge der Götter“ bezeichnet.
Posaunen, Gnade, Götter, das passt. Wir sind bei Kirchenmusikdirektorin (KMD) Andrea Wiese, im Spätsommer 2025 seit 30 Jahren in der Wohltorfer Heilig-Geist-Kirche zuständig für die Kirchenmusik, seit Anfang des Jahres auch für die der Aumühler Bismarck-Gedächtnis-Kirche. Für beide Gemeinden Anlass genug, dieses Dienst-Jubiläum ordentlich zu feiern.
Mit einem Violinen-Orgel-Konzert sowie einem Festgottesdienst unter Leitung der Lübecker Pröpstin Petra Kallies mit anschließendem Empfang, bekam das Jubiläum seinen feierlichen Rahmen. Für die zahlreichen Teilnehmer aus den Gemeinden wie dem Freundes- und Kollegen-Kreis der Jubilarin wiederum Stunden, die die Gemeinde-aufbauende Wirkung von Kirchenmusik in besonderem Maße erlebbar machten.
Hochkarätig das Konzert-Programm in der Aumühler Kirche. „Himmlische Harmonie(n)“ mit Orchester-Chef und Solo-Violinist Christoph Heidemann und der Jubilarin an „ihrem“ Instrument, der Orgel. Besonders tief- gehend und be-sinnlich ihre Interpretation des „Agnus Dei“ von Frank Martin. Werke von Bach, Vater und Sohn, Telemann, Roman, Haas, Rheinberger, so das gesamte Duo-Programm. Ein himmlisch-harmonischer Bogen über vier Jahrhunderte Kirchenmusik mit zwei Tonkünstlern und den beiden Königinnen der Instrumente.
Hochkarätig auch der musikalische Teil des sonntäglichen Festgottesdienstes in der Aumühler Kirche. Motto:
„Jauchzet dem Herrn, alle Welt“ (Psalm 100). „Jauchzet“, mit bunten Wiese(n)Blumen, dem Corporate Design der gesamten Jubilarien, heißt es auch auf der kleinen Streichholzschachtel, die jeder Gottesdienstbesucher beim Ausgang aus der Kirche überreicht bekam.
Zum Programm und seinen Interpreten. Vokalensemble „Capella Vocalis“, Leitung: KMD Andrea Wiese; Solisten des Posaunenchores Breitenfelde, Leitung: Stefan Henatsch;
Hamburger Ratsmusik, Leitung: Simone Eckert. Hier an der Orgel: LKMD Hans-Jürgen Wulf, Andrea Wieses Kollege auf Landesebene (Landeskirchenmusikdirektor Sprengel Hamburg und Lübeck, Schleswig und Holstein). Werke von Hammerschmidt, Martin, Mendelssohn-Bartholdy (von ihm stammt die Motette
„Jauchzet dem, Herr, alle Welt“, mit der die Jubilarin dem Festgottesdienst sein Motto gab), Praetorius und Jan Sandström. Sein „Gloria“ - im Gottesdienst, gleich nach Begrüßung und Gebet - himmlisch! Eine Demonstration dessen, was im klassischen A-Cappella-Gesang möglich ist. Die harmonischen Stimmen für alle in der Kirche spürbar, mit all ihren Facetten.
Und dann war da noch das Wort, und das Wort kam von Pröpstin Petra Kallies. Die Bibeltext-Lesungen von der Aumühler Kirchengemeinde-Vorsitzenden, Beatrix Jenckel. Es ging um die große Gnade Gottes, manche Menschen mit besonderen Gaben auszustatten, die andere Menschen nicht haben; sie haben andere. Von Gott gegeben, gleichbedeutend und -wertig, für sie selbst und in ihrem Verhältnis zu ihren Nächsten. Eine Einordnung der Pröpstin an einem ganz besonderen Tag für die Kirchengemeinden Wohltorf und Aumühle.
Vor dem Segen gab es die Urkunde, für besondere Leistungen, an die Jubilarin überreicht von LKMD Hans- Jürgen Wulf und KMD Michael Buffo.
Im Anschluss an den Festgottesdienst dann vor der Kirche launige Laudationes (Beatrix Jenckel, ihr Wohltorfer Kollege Henning von Stechow sowie Pastor Giesen fanden lobende Worte), gelungene Gesangseinlagen von Chormitgliedern („Applaus, Applaus“) und „Ehemaligen“, das Bläser Ensemble, Umtrunk, Teilhabe, gegenseitige Wertschätzung und ein fruchtbarer Austausch über den Beitrag der Wohltorf-Aumühler Kirchenmusik zum lokalen (Kirchen-)Gemeindeleben. Ein sonniger Nachmittag ging zuende, der nicht nur den Gästen zeigte, wie historisch gewachsene Kirchenmusikkultur (30 Jahre!) einzahlen kann, einzahlen auf die Attraktivität und die Relevanz der evangelischen Kirche. Nicht ganz unbedeutend in Zeiten sinkender Mitgliedszahlen.
„Soli Deo Gloria“, damit beendet die gefeierte Jubilarin, KMD Andrea Wiese, gern Gespieltes und Gesagtes. Dies lebt sie, wie auch „ihre Kirchenmusik“. In Gottesdiensten, bei Amtshandlungen, der Kinder-, Jugend-, Alten, und Chorarbeit. Im direkten Gegenüber,an der Orgel, dem Klavier, dem Spinett wie am Kopierer. Ihr Dienstjubiläum? Ein nachhaltiges Kaleidoskop ihres Berufes mit Berufungscharakter. Gut so.
MSD
Ein Gebinde für die Jubilarin (2.v.r.), neben Beatrix Jenckel (li.), Proepstin Petra Kallies und Henning v. Stechow